WHEN GRAVITY HITS AND HANGOVERS ARE REAL.

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Digital Nomads & Remote Worker – Der Weg ins Glück?!

Der Meta-Algorithmus hat mich seit einigen Wochen im Schwitzkasten. Er weiß es. Er kennt meinen sehnlichsten Wunsch. Den Wunsch nach einer generalüberholten Lebensphilosophie. Nach einer neuen Karriere, einem erfüllten Tagesablauf, einem leeren Blatt Papier.

Ich schaue mir seit einigen Wochen am laufenden Band bezahlte Werbeanzeigen von unzähligen Gurus, Coaches, Digitalnomad/innen und sonstigen Erklärbär/innen an:

  • How to become a Digital Nomad in only 10 days
  • It’s never been easier to earn 10K per month with just one online course
  • Stop dreaming, start selling!
  • Work from anywhere and start your 10K social media business
  • Don’t be a fool – Learn Crypto trading in tax paradise
  • Escape the 9 to 5 – Join our Freedomwriter Academy

10.000 Euro im Monat als magische Grenze für Digitalnomaden-Gehälter?!

Ich füttere den Algorithmus fleißig weiter, indem ich auf jede zweite Anzeige tippe. Nicht, weil ich ernsthaftes Interesse daran habe, 1.500 Euro für einen zwielichtigen Online-Crashkurs auszugeben, der mir aufzeigt, wie ich “ganz einfach” ein sechsstelliges Social Media Business nur mit meinem Handy (!!!) aufbaue.

Vielmehr schaue ich den Menschen, die solche Anzeigen schalten, tief in die (virtuellen) Augen und stalke ihre Lebensläufe: Oft haben sie einen soliden Bildungsweg mit Abitur vorzuweisen, manchmal auch ein Studium, nicht ganz so häufig kommt “echte” Berufserfahrung hinzu. Die Art von Berufserfahrung, vor der sie in ihren Werbevideos warnen: 9 to 5 in einem Büro, das nicht direkt am Strand liegt! (Ich bitte an dieser Stelle um imaginäre Horrorfilm Sound Effects.)

Es scheint, als seien diese Menschen als Prophet/innen des digitalen Zeitalters zu uns gestoßen um uns aufzuzeigen, dass mit ‘ein bisschen Social Media Marketing‘ jeder Vollidiot das süße Digitalnomadentum genießen kann. Das Ganze am Besten in einer lässigen 10-Stunden Arbeitswoche.

Klingt zu schön um wahr zu sein? Ist es auch… oder???

Ich habe also unzählige Jahre meines Lebens in Hörsälen und Büros zugebracht um mir nun von mitte Zwanzigjährigen, die in ‘Instavideos‘ am Strand hin und her hüpfen, sagen zu lassen, dass es viel einfacher geht?

Leuchtet mir nicht so richtig ein, denn naiv wäre es zu denken, dass diese Menschen ihren ortsunabhängigen Wohlstand genießen können auf Grund der eigentlichen Tätigkeit, die sie uns in ihren meist absurd teuren Kursen und Coachings nahelegen wollen.

Nein, es sind ebendiese Kurse und Coachings, die die Finanzen der Sonnenanbeter/innen, Van-Besitzer/innen und Hobby-Bergsteiger/innen aufbessern. Und die kaufen wir, weil sie unsere Sehnsucht nach einem unerfüllten Traum wecken: Absolute zeitliche und räumliche Freiheit sowie der Luxus, niemandem Rechenschaft über unser berufliches Tun ablegen zu müssen – und das, ohne auf unser komfortables 9 to 5 Bürogehalt verzichten zu müssen.

Ich selbst möchte ebenfalls ortsungebunden und ergebnisorientiert arbeiten. Morgens am Strand spazieren gehen, danach gemütlich Kaffee trinken und anschließend ab hinter den Laptop. Nachmittags eine Runde Surfen, bevor ich die Arbeit wieder aufnehme, gerne auch bis spät abends. Wovon ich überzeugt bin: Dieser ideale Lebensweg wird nur real mit einer ordentlichen Menge Disziplin, Hartnäckigkeit und vor allen Dingen:

SKILLS! SKILLS! SKILLS!

Als erfahrene Beraterin in der derzeit vom ‘Fachkräftemangel’ gebeutelten IT Branche mit einem fundierten Bildungsweg darf ich den Traum von einem gut bezahlten Remote Job träumen, vielleicht sogar den der Selbstständigkeit. Doch genau wir sind es, die sich partout nicht trauen, diesen Schritt zu gehen, trotz unserer SKILLS, SKILLS und nochmal SKILLS! Wir reden uns ein, zu schlecht, zu unerfahren, zu jung zu sein. Wir sitzen vielleicht in einem zu komfortablen Sattel, den wir nicht gegen das Ungewisse eintauschen möchten. So liegt es noch näher, dass insbesondere junge und / oder nicht allzu erfahrene Arbeitskräfte auf die Tipps und Tricks der ‘Digital Nomad’ Karrierespezialist/innen reinfallen.

Und da schließt sich doch der Kreis. Die Gurus und Coaches, die tatsächlich ihren Traum erfüllen, sind wahrscheinlich äußerst zielstrebig, clever, ehrgeizig und umtriebig. Sie haben ein Gespür für das richtige Geschäftsmodell und können es bestens skalieren. Was mir nicht schmeckt ist, dass die meisten ihrer Kund/innen es eben gar nicht so einfach haben werden, trotz Coaching oder Kurs.

Als Quereinsteiger-Copywriter/in 10.000 Euro pro Monat verdien, obwohl man vorher 15 Jahre lang in der Bank am Schalter saß? Ein sechsstelliges Krypto-Trading Einkommen im Jahr, obwohl man derzeit als Erzieher/in arbeitet? Kann klappen, sicher… Wird es aber nicht ohne – richtig – eine ordentliche Menge Disziplin, Hartnäckigkeit und SKILLS! (Und mal ehrlich: Mein Konto und ich lassen uns natürlich super gern vom Gegenteil überzeugen!)

Nicht alles ist ‘coachable’…

Klar, klingt mal wieder gewaltig negativ hier. Ist es aber ausnahmsweise nicht.

Es gibt ganz viele tolle und seriöse Coaches da draußen, die sich selbstverständlich vorab mit der Motivation ihrer Kund/innen beschäftigen und so beurteilen können, ob eine Zusammenarbeit Sinn macht (Ironic Spoiler Alert: Genau so einen habe ich mir nun geschnappt … Social Media Werbung sei Dank).

Ein wichtiges Qualitätsmerkmal neben dem indiskutabel hohen Preis ( 😉 ) ist, dass kein Standardprogramm abgespult wird und keine konkreten Versprechungen gemacht werden á la “Du wirst reich sein danach!” (kotz!).

Auch hier schließt sich ein Kreis: Hast du wirklich die intrinsische Motivation, ortsungebunden zu arbeiten und zeitlich flexibel zu sein? Falls ja, warum ist das so?

Ein guter Coach erarbeitet gemeinsam mit seinen oder ihren Kund/innen eine realistische Vision und begleitet sie auf dem teils langen, sehr unbequemen Weg, diese zu erreichen. Dabei haben alle Beteiligten die tatsächlichen Fähigkeiten des ‘Coachees‘ fest im Blick mit der Fragestellung: Was kannst du überhaupt?! Denn: Nicht alles ist ‘coachable‘.

We have a dream, oder so.

Was mir nicht passt sind die zahlreichen online kursierenden Werbeversprechungen, dass der Traum von absoluter Freiheit nun ‘super easy‘, am besten innerhalb von nur XYZ Wochen, erfüllt werden kann.

Gönn’ dir heute doch mal eine neue PlayStation und, ach ja: Wie wäre es mit absoluter beruflicher und privater Freiheit? Gibt’s heute gratis dazu!” (Gut, ist etwas überspitzt, aber ihr wisst ja, wie ich’s meine.)

Hereinspaziert, we have a dream! Und zwar alle denselben: Digital Nomad / Surfer / Rich! Easy, mit einem T-Shirt Business, als virtuelle Assistenz, Social Media Manager/in, Krypto-Trader/in, Online-Kurs-Ersteller/in oder Copywriter/in – ne, danke!

Die Zielgruppe dieser Werbeanzeigen sind höchstwahrscheinlich Menschen mit Studienabschluss, die in ihrem Bürojob mal eben eine ‘quarter-to-mid-life-crisis‘ erleiden (yep, that’s me…). Wir sollen also unser hart erarbeitetes Fachwissen in die Tonne werfen und lieber unser E-Commerce-Business aufbauen? Gut, okay, aber: Was machen wir denn damit in 10, 20 oder 30 Jahren? Immernoch T-Shirts online verkaufen?

Ich denke, dass alle, die intrinsisch so richtig Lust darauf haben, ihr (Berufs-)Leben in die eigenen Hände zu nehmen hin zu mehr Freiheit und Flexibilität, dies auch schaffen. Und ja, dafür gibt es tolle Menschen, die diesen Weg mitgehen. Wovor ich warne ist jedoch die Vorstellung sowie das Versprechen vieler, dass ‘alles wie immer super mega easy‘ sein soll…

Ich mache jetzt besser mal ein Coaching. Und zwar ein richtiges, echtes, gutes Coaching. Stay tuned!

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Travel Tales

Warum ihr unbedingt eine Gruppenreise buchen solltet

In der Schulzeit kehrten wir nach den Sommerferien hoffnusgsvoll ins Klassenzimmer zurück, trugen unsere allercoolsten Klamotten (Miss Sixty Hüftjeans – hell yes!) und waren fester Überzeugung, dass wir in den verganenen Wochen reifer, weiser und schöner geworden sind.

Am ersten Tag erzählten wir von unseren Abenteuern und rieben unser ‘verbessertes Ich’  wirklich jedem unter die Nase. Spätestens am zweiten Tag fiel die Maske und wir waren wieder ganz die alten. Ich hatte schon als Kind ständig grummelige Laune und Menschen gingen mir auch damals bereits gehörig auf die Nerven. Trotzdem war es einfach, in großen Gruppen über solche Eigenschaften hinweg zu sehen. Irgendwie gehörten wir zusammen und funktionierten in der Gemeinschaft. Dabei haben wir uns einander natürlich nicht ausgesucht. Das Schicksal hat uns zusammengeführt (und meist spätestens nach dem letzten Suff der Abifeier wieder auseinander gerissen).

Im Studium sah das Ganze schon etwas anders aus. Wir waren mehr oder minder freiwillig dort und trafen auf Menschen, mit denen wir zumindest einen gemeinsamen Nenner hatten: Das Studienfach. Für Archäologiestudent*innen führte diese (in dem Fall etwas spezielle) Gemeinsamkeit langfristig wahrscheinlich zu tiefer gehenden Freundschaften als für BWLer*innen, doch trotzdem: Wir hatten immer ein Gesprächsthema, auch wenn wir in allen anderen Belangen charakterliche Brücken zu überwinden hatten.

Das zusammengewürfelt werden hatte für mich immer etwas Faszinierendes. Eine Gruppe von Menschen kommt aus einem bestimmten Grund zusammen: unfreiwilliges Lernen in der Schule, fast freiwilliges Lernen an der Uni oder – und jetzt komme ich zum eigentlichen Thema – einer Reise ins Surf-, Spanisch- oder Tangocamp (Yoga Retrats auf Bali ausgeschlossen, da sind in meiner Vorstellung alle Teilnehmer*innen exakt gleich – Namaste!).

Ich habe dieses Jahr auch eine Gruppenreise gemacht, nämlich nach Ägypten ins Kitersurf-Camp.

Das große Fragezeichen

Ich stalke tagelang Google Reviews und Insta-Profile möglicher Veranstalter. Was mir schnell klar wird: Ich bin raus aus dem Alter, in dem wir uns á la Studienfahrt gern ein Hostel-Zimmer mit Fremden teilen, bei dem das siffige Bad womöglich noch auf dem Flur ist. Mein ultimativer Ratschlag: Bucht euch ein Einzelzimmer!

Ich entscheide mich letztendlich für ein Camp, bei welchem Anreise und Unterkunft selbst organisiert werden müssen. So stellt ihr sicher, dass ihr immer eine Exit-Strategie bereithaltet für den Fall, dass Gruppenreisen doch nichts mehr für euch sind. Nach Abschluss der Buchung schwirren tausende Fragen in meinem Kopf:

Werden die Leute nett sein oder mich in den Wahnsinn treiben? 

Gibt es diese Reise wirklich oder wurde ich abgezockt?

Werde ich unter Anfang 20-jährigen, topfitten Surfer*innen die Älteste (und Schrumpeligste) sein oder die Jüngste in einer Gruppe Mittvierziger?

Sind meine Skills ausreichend oder wird’s schnell peinlich für mich?

Was ziehe ich an? (Okay, jetzt wird es absurd!)

Aber hey, ich merke, dass ich voller Vorfreude täglich über meine bevorstehende Reise nachdenke. Wann immer ich einen ‘normalen’ Urlaub buche weiß ich vorher ziemlich genau, was auf mich zukommt: Flug, Hotel, Strand, Essen, Ausflug. Hier jedoch spielt die Gruppe als große Unbekannte eine immer größer werdende Rolle in meinen Gedanken. Vor Reiseantritt lasse ich meiner Fantasie freien Lauf und weiß genau, dass es am Ende natürlich ganz anders kommen wird als gedacht.

Das erste Kennenlernen

Rund zwei Monate später ist es endlich soweit: Ich reise allein nach Ägypten und frage mich bei allen Mitreisenden, ob sie wohl Teil meiner Reisegruppe sind. So bin ich für meine Verhältnisse erstaunlich freundlich zu meinen Mitmenschen. Nachdem ich die Umgebung vor Ort auf eigene Faust erkundet habe, ist es am ersten Abend soweit: Das Kennenlernen. Ich trage zwar keine Miss Sixty Jeans mehr, dafür aber ein durchaus durchdachtes Outfit. Ich fühle mich zurückgebeamt in die Schulzeit nach den Sommerferien und möchte unbedingt mein leicht optimiertes Ich präsentieren. Völlig bescheuert und doch irgendwie menschlich?!

Wir treffen uns in einem Burgerladen und jeder erzählt etwas über sich. Wir sind fast alle in unseren Dreißigern und haben gut bezahlte Jobs, was die Diversität etwas zunichte macht und dem Ganzen von außen betrachtet etwas Yuppie-haftiges gibt. Der Abend ist lustig und ich freue mich schon jetzt darüber, Teil einer Gruppe zu sein, ohne mich großartig angestrengt zu haben. Denn wir alle haben dasselbe Ziel: Surfen!

Im Alltag ist es nicht so einfach, stelle ich fest. An der Arbeit kommen wir hin und wieder ins persönliche Gespräch mit Kolleg*innen, doch darüber hinaus fehlen häufig Zeit und Muße, engere Beziehungen aufzubauen. Die Reise in der Gruppe ist also der Turbo-Booster für mögliche Freundschaften im Erwachsenenalter. Wir starten mit einem gemeinsamen Nenner und schauen dann, ob wir vielleicht noch mehr Gemeinsamkeiten haben (oder ob wir uns nach dem Urlaub für immer ghosten werden).

Grüppchenbildung

Die ersten Tage verlaufen hervorragend: Harmonisch und voller Spaß, alle verstehen sich prächtig. Doch dann, kaum merklich, passiert es: Grüppchenbildung innerhalb der Gruppe! Und da ist es wieder, das Teenager-Feeling. Als wir nicht recht wussten, ob wir nun zu den Coolen gehören oder eben doch zu den Nerds. Dieselbe Dynamik schleicht sich ein, natürlich immer hinter dem erwachsenen Höflichkeitsschleier. Plötzlich wird klar, wen wir nicht so gern haben und vor allem: Wer uns nicht so gern hat. Macht aber gar nichts! Während ich mich in der Schulzeit noch verkrampft darum bemühte, von allen gemocht zu werden, ist es schön zu merken, dass es mir heute richtig schön egal ist. Und das nicht aus Trotz, sondern aus der Liebe zu den eigenen Macken. Und diese Aufrichtigkeit wird belohnt mit denjenigen, die in dieser Gruppe so richtig gut zu mir passen.

Wir alle mit demselben Ziel: Cooler werden auf dem Surfbrett! 😉

So hat mir meine Reise nach Ägypten zwei Dinge gezeigt:

  1. Selbst ich kann beim Kitesurfen einigermaßen cool aussehen! (abgesehen von all den lustigen Stürzen…)
  2. Gruppenreisen sind hervorragende Werkzeuge zur Selbstreflexion: Wer bin ich und mit welchen Menschen umgebe ich mich gern? Noch besser: Welcher Typ Mensch umgibt sich gern mit mir? (Die Antworten darauf könnten durchaus schmerzhaft sein…)

Zu diesen (und natürlich anderen Spaßzwecken) solltet auch ihr eine Gruppenreise auf eure Bucketlist für 2022 schreiben und wer sich traut, bucht sogar das Gruppenzimmer. 😉

Fast cool, oder?
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Job Jungle

Wieso arbeiten wir in Jobs die wir hassen?

Als Kind bin ich aufgewachsen mit einer Mutter, die kaum und stellenweise gar nicht berufstätig war. Sie konnte mich vom Kindergarten abholen, hat Pausenbrote geschmiert und war für die gesamte Administration meines Aufwachsens verantwortlich. Mein Vater hingegen zog morgens los, hat irgendwas mit Leuten und Versicherungen gemacht und ist abends nach Hause gekommen, als ich meist längst im Bett war.

Eine ‘Arbeit’ zu haben bedeutete in erster Linie Geld zu verdienen, damit wir drei Mal im Jahr in einem mittelmäßigen 4-Sterne Hotel im Süden Europas urlauben konnten (in dem sich meine Eltern dann meist fürchterlich stritten). Außerdem hatten wir ein Einfamilienhaus auf dem Dorf mit zwei Autos in (und vor) der Garage.

Ob der Beruf meines Vaters nun seine Berufung oder nur Mittel zum Zweck war interessierte niemanden. Hat man mich als Kind, Jugendliche oder junge Erwachsene gefragt, was ich einmal werden will, so war meine Antwort stets: Erfolgreich. Denn erfolgreich zu sein bedeutete Geld zu haben. Geld bedeutete Sicherheit und einen Platz in der sonnigen Mitte unserer Gesellschaft. So oder so ähnlich war es wahrscheinlich in vielen privilegierten Mittelstandshaushalten der unbeschwerten 90er.

Da ich natürlich nicht wusste, welche Berufe und Berufungen es draußen in der großen Welt geben kann, bin ich entsprechend blind in ein recht eintöniges Allerwelts-BWL-Studium geraten. Dort lernte ich viele andere Kinder solcher Mittelstandsfamilien kennen, die ebenfalls Geld als Motivator in die Wiege gelegt bekamen. Geld, für das es sehr hart zu arbeiten galt, denn sonst war es nicht verdient. Paradoxerweise hatten nämlich viele von uns nicht die (teure) Brille derjenigen auf, die mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurden. Viel mehr hatten wir Eltern, die es häufig in erster Generation zu etwas Wohlstand gebracht hatten und dies in Form von Statussymbolen zum Ausdruck brachten: BMW, Urlaube, Doppelhaushälfte und fragwürdig bunte Markenklamotten.

Die Maske der möglichen Berufungen fiel langsam, als die ersten Kommiliton*innen unbezahlte Praktika machten bei Beratungsfirmen, Anwälten, Steuerberatern oder Großkonzernen. So wurde eine erste Perspektive geschaffen, was nach dem Abschluss auf mich warten könnte. Ich machte es ihnen nach und bewarb mich bei einer Bank, immernoch ohne Idee, was dabei thematisch spannend sein könnte. Doch: Ich brauchte nun mal einen gut bezahlten Job! Denn nur mit einem solchen Job verdiene ich etwas, bin ich wertvoll genug. Das ‘ob’ und ‘wie viel’ war also bereits Motivator Nummer eins bei meinem Berufseinstig, nicht das ‘was’.

Meine Emotionen zwischen 9 und 17 Uhr.

So muss es doch sicher vielen von uns gehen. Wie sonst erklären wir uns die Existenz langweiliger Nischenberufe wie SAP-Berater*in, Recruiter*in oder Zahlungsverkehrsspezialist’*in (no offense)? Nur ein Bruchteil von uns wird in jungen Jahren gesagt haben: Geil, ich brenne für eine Software mit einem grau-blau-depressiven Screen und habe so richtig Bock, Expert*in darin zu werden! Nein, ich glaube es gab eine Hülle und Fülle von Bürojobs mit ausreichend Gehalt, um uns bildungsaffinen Absolvent*innen die Chance auf eine geldgesegnete Karriere zu versprechen.

Wir dümpeln also solange in einem dieser Jobs dahin, bis wir so viel Expertise angesammelt haben, dass es längst zu spät ist wieder rauszukommen (ähnlich wie zu lange Mafia-Mitglied zu sein, da kommt man wohl auch nicht mehr so einfach raus). Wir lobpreisen diese gut bezahlten ‘Karrieren’ on- und offline in Karrierenetzwerken und glauben an einen Stellenwert des Berufs gleich zwischen Papst und Hirnchirurg*in. Kombiniert mit finanzieller Sicherheit wird es Jahr für Jahr schwierieger, doch noch das heiß ersehnte Schmuck-Business aufzuziehen, von dem man als 16-jährige geträumt hat.

Das Sahnehäubchen für mich ist der massive Zeitraub, den Bürojobs betreiben. Mit Anfang 30 haben wir nun lustigerweise meist das inflationär genutzte Wort ‘Manager’ im Jobtitel und das Essentielle, was wir nicht mehr managen können, ist unsere eigene Lebenszeit. Es wird erwartet, dass wir ständig erreichbar sind, die berühmte ‘Extrameile’ gehen und dankbar sind für die Entlohnung, die wir für die Aufopferung erhalten. Monatlich dann ein kurzes Glücksgefühl, dass alle Rechnungen (beim teuren Italiener ums Eck) bezahlt werden können und weiter geht’s.

Das alles erklärt natürlich nur bedingt, warum wir tagein tagaus Dinge tun, die wir abgrundtief hassen: Noch eine Präsentation bauen, noch ein Meeting mit lauter Arschlöchern abhalten, noch mehr Budgettabellen befüllen – you name it! Meine Theorie: Trotz der täglichen Schrott-Aufgaben wissen wir, dass unsere Eltern nun mächtig stolz darauf sind, dass wir nach ihrer Definition greifbar erfolgreich sind. Wir leben sicher und stabil von einer Gehaltsabrechnung zur nächsten und sind genauso risikoavers wie die Generation zuvor. Sind wir also immernoch nicht näher an der Berufung, sondern stecken weiterhin in einem Beruf fest? Die nächste Generation wird diese Frage hoffentlich besser beantworten können.

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New work, old jerk – Was taugt das New Work Konzept?

What is new about new work is the idea that work can be something wonderful.” – Frithjof Bergmann, Begründer der New Work Bewegung 

Gemeinsam mit rund 200 weiteren Kolleg*innen warte ich in der virtuellen Lobby eines Live-Webcasts, den mein Arbeitgeber veranstaltet. Um People Leadership soll es gehen und darum, ‘die jungen Talents‘ nachhaltig zu motivieren. Warum jemand jetzt immer unbedingt ein ‘Talent‘ sein muss, ist mir ein Rätsel. Denn insbesondere im Büroalltag fallen ja allerlei Tätigkeiten an, für die es nicht unbedingt Talent braucht. Im Gegenteil, ein Büro-Talent zu sein klingt fast schon beleidigend. “Hey, also du hast wirklich ein besonderes Talent dafür, die täglichen Pausenbrötchen für die Chefetage zu bestellen.” “Wahnsinn, wie toll du die Formen und Farben in deiner Powerpoint Präsentation anordnest. Du bist ein Naturtalent!” SAID (almost) NO ONE. EVER. Der Duden schreibt: 

Talent ist eine Begabung, die jemanden zu ungewöhnlichen bzw. überdurchschnittlichen Leistungen auf einem bestimmten, besonders auf künstlerischem Gebiet befähigt. 

Für all die Powerpoint-Picassos lasse ich den Begriff also noch gelten. Aber junge Erwachsene, die nach dem Studium oft ohne Langzeitplan einen Job in einer Unternehmensberatung annehmen, um den monatlichen Gehaltsscheck abzustauben, als ‘Talents‘ zu betiteln – weit hergeholt.  

Zurück zum Webcast: Es ist gerade mal 8 Uhr und ich bin ehrlicherweise nur dabei, um mich über Feedback-Fristen und Beförderungsrunden zu informieren, damit mir niemand nachsagt, ich sei schlecht aufgestellt in Sachen People Leadership Dingens. Doch dann: Der Denkanstoß für diesen Blogartikel. 

Es geht los. Ein cool aussehender HR Typ mittleren Alters setzt sich an den Home Office Nachrichtenpult. Im Hintergrund ein Regal voller Bücher. Durch das verpixelte Bild ist nicht zu erkennen, ob es sich hierbei um Fifty Shades of Grey oder um echte Fachliteratur handelt. Live zugeschaltet ist auch Pia-Sophie-Anna-Magdalena (ka), die Kollegin, die wohl wegen ihres Talents für das Weiterklicken von Folien aufgestanden ist (Randnotiz: DER neue Schwanzvergleich des Home Office Territorialverhaltens-Dschungels! – “Ehm, next slide now, please!“).  

Purpose, Entrepreneurship, Enablement – was soll das eigentlich bedeuten? 

Der HR Typ stellt also die Agenda mit fast philosophisch anmutender Wortwahl vor. Es soll um purpose gehen, um guidance und empowerment. Eingebettet in das vielerorts gepriesene New Work Konzept sollen die jungen Talents ihren inneren Entrepreneur hervorholen und sich entsprechend entwickeln. Und wir, wir sollen das Ganze begleiten, enablen und mit Feedback-Sahnehäubchen versehen. Doch mal ehrlich: Kann die stundenlange Anwendung von Excel und Powerpoint jemals mehr als work sein? Die Telefonate, in denen “Strategieberater” den North Star finden wollen und die Buzzword Happy Hour einläuten, jemals echtes Entrepreneurship hervorrufen? I DOUBT IT (oder eher: Ei daut it)!  

New work, old jerk?! 

Fakt ist nämlich: Mache ich um 18 Uhr Feierabend, ist mir ein “Na, heute ‘nen halben Tach Urlaub?” so sicher wie das Amen in der Kirche. Stimmt ein Ergebnis nicht mit der Vorstellung unseres Chefs überein, ist die Stimmung düster und das Feedback hat weniger einen Enablement-Charakter sondern etwas von pubertärem Türenknallen. Obwohl sich fast jedes halbwegs am Puls der Zeit agierende Unternehmen New Work auf die Fahne ihrer internen als auch externen Kommunikation schreibt, ist oft wenig Inhalt vorzuweisen. Die jungen Talents sind in ihrem Alltag weiterhin konfrontiert mit der expliziten oder – noch schlimmer – impliziten und intrinsisch eingepflanzten Erwartungshaltung, sich die Nächte um die Ohren schlagen zu müssen, wenn mal wieder eine häufig belanglose Präsentation auf Hochglanz poliert werden muss. Wenn der Chef stolz erzählt, welche armen Arbeitstiere er morgens um halb vier telefonisch noch erreicht hat, weil wir ja alle mit demselben spirit ans Werk gehen. Selbstverständlich wird so auch die Kollegin, auf deren Computer eine vermeintlich überlebenswichtige Excel-Datei schlummert, nachts aus dem Schlaf geholt (und nein, es war nicht die Formel des Corona-Impfstoffs). 

Was schnell klar wird: Marketing, HR, PR und all die anderen humanitären Auffangbecken in großen Organisationen – alle können New Work herbeisehnen. Solange die Arbeit, die täglich getan werden muss, jedoch nicht im Ansatz mehr Talent, Kreativität oder besondere menschliche Voraussetzungen erfordert, kann nicht jede*r den Beruf zum Hobby und das Hobby zum Beruf machen. Ich glaube sogar, dass die Glaubenssätze der New Work Bewegung in breiter Masse möglicherweise ungeniert zu Mehrarbeit, Frustration und Orientierungslosigkeit führen können. Denn wie schön ist es zu glauben, dass wir das ja alles freiwillig machen, da wir unseren persönlichen purpose in unser life integrieren und work eben viel mehr als work ist. Und wie traurig auf der anderen Seite, wenn sich dieses Gefühl bei einem selbst nicht recht einstellen will.  

Better Work  

Wenn work also für die allermeisten von uns einfach work bleibt, dann wird sie in den seltensten Fällen zu etwas Wundervollem. Was sie aber im ersten Schritt sicher werden kann, ist besser. Better Work, das bedeutet für mich weg von “Na, halben Tach Urlaub?!“-Kommentaren hin zu neuen Blickwinkeln auf Stärken, Schwächen und Bedürfnisse. So gelobe auch ich Besserung und befolge drei mir dank des Webcasts auferlegte Glaubenssätze: 

“Das war schon immer so!” ist absolut tabu 
Nur weil ich durch eine – achtung – ‘harte Schule‘ gehen musste zu Beginn meiner Karriere, bedeutet dies nicht, dass andere es dank mir auch müssen. Ich erwische mich manchmal dabei, dass ich einem recht simplen menschlichen Denkmuster folge: Weil ich es erleiden musste, musst du es auch – circle of life. Schwachsinn! Erfolgreich sein geht auch anders. Nämlich ohne nächtliche, unbezahlte Überstunden und unrealistische Deadlines. Ich kann zwar nicht dafür sorgen, dass Excel-Tabellen, Budgetdateien und Präsentationen plötzlich Spaß machen, jedoch kann ich zu einer Akzeptanz beitragen, dass Arbeit nicht immer in Rekordtempo erledigt sein muss. Da kann man sich dann um 18 Uhr auch schon mal’nen halben Tach freinehmen… (Spaaaaaß)  

Echte Verantwortung übertragen  
Mikro-Management und Skepsis sind wie Zecken, nach welchen man sich regelmäßig selbst genauestens absuchen muss. Wir können sie außerdem nur durch bewusste und zielgerichtete Gegenangriffe eliminieren. Bei einer dieser Selbstreflexionen stelle ich fest, dass auch ich davon befallen bin. Ich erledige Aufgaben viel lieber “mal eben” selbst, als Kolleg*innen damit zu betrauen. Mein Verhalten führt so zu Frust bei allen Beteiligten: Hoher Arbeitsaufwand bei mir und das Gefühl, nicht richtig gebraucht zu werden, bei den anderen.  Verantwortung zu übertragen bedeutet meist, sich aus der eigenen Komfortzone heraus zu bewegen und die Kontrolle zumindest für einen begrenzten Zeitrahmen in andere Hände zu legen. Was hilft es also, wenn ich mal wieder Aufgaben bei mir behalte, die ich ebenso gut abgeben könnte? In solchen Momenten versuche ich mich ab sofort daran zu erinnern, dass ich mich selbst auch nur weiterentwickeln konnte, weil jemand anders mir Verantwortung übertragen hat ohne doppelten Boden. Denn was kann im schlimmsten Fall passieren? Richtig, nicht viel – die Welt geht im Normalfall nicht unter. 
Fail fast, fail often – dieses Motto gilt es demnach zu befolgen: Ich will, dass die anderen viele Dinge ausprobieren können, gegebenenfalls scheitern und es dann einfach nochmal versuchen.   
 

Leistung wird belohnt, keine Leistung nicht direkt bestraft  
Es wird nicht gern gehört in unserer Leistungsgesellschaft, doch nicht jeder Mensch ist clever, effizient und ein ‘High Performer‘ auf jedem Gebiet, vor allen Dingen nicht im beruflichen Kontext. Es gibt eben auch die ‘Normal Performer‘, die zufrieden sind mit durchschnittlicher Leistung bei durchschnittlichem Zeitaufwand und durchschnittlicher Entlohnung. Da das Wort Durchschnitt oft negativ konnotiert ist, fühlen sich viele Menschen dadurch nicht angesprochen. Ist aber halb so wild, in einigen Bereichen durchschnittlich zu sein, finde ich. Deshalb sollte eine freiwillig erbrachte und auf Stärken basierende überdurchschnittliche Leistung zwar belohnt werden, sie sollte jedoch nicht als Voraussetzung gelten und diejenigen bestrafen, die den Anforderungen nicht gerecht werden können.  
Ein Beispiel: Nur weil der Kollege spät abends noch fehlerfreie Budgetanalysen schickt, setze ich dies nicht automatisch bei allen anderen voraus und will auch besagten Kollegen zukünftig nicht an diesem Standard messen. So vermeide ich Enttäuschung und sogar Bestrafung von vermeintlich nicht erfüllten Zielen. Die Messlatte also einfach mal tiefer hängen, so lebt es sich im Job, aber auch privat, plötzlich viel entspannter (gilt übrigens auch für die Ansprüche an sich selbst…).  

Die Arbeit als solche wird also vielleicht nicht unbedingt sinnstiftender, zumindest nicht unmittelbar und schon gar nicht basierend auf einem theoretischen Konstrukt wie der New Work Bewegung. Ich plädiere jedoch stark für den entspannteren Umgang mit Leistungsdruck und den Ansprüchen an uns selbst, hin zu Better Work und vielen echten halben Tagen Urlaub… 

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Der ultimative Soundtrack für eintönige Bürotage

Ich sitze im Büro, es ist recht laut. Mit recht laut meine ich den Geräuschpegel eines Kirmeszelts in den Spielpausen der Blaskapelle beim Frühschoppen. Auch der Geruch im vermeintlich hippen Großraumbüro ist vergleichbar, darum geht es aber heute nicht.

Die Stimmung wird hitzig, auch ohne Alkohol. Dabei ist es gerade erst elf Uhr vormittags. Der inkompetente Sitznachbar flucht in seiner Telefonkonferenz auf die von ihm wahrgenommene Inkompetenz seiner Kollegen (the circle of life?!).

I am pissed off as hell! Haltet euch an den blauen Hintergrund mit schwarzer Schrift! Pretty basic, oder?” (Okay, Cowboy!)

Unsere ‘Techie-Ecke‘ diskutiert lautstark über Fachbegriffe, die ich in meiner Position theoretisch schon einmal gehört haben sollte. Theoretisch.

How do we link this ajdsfaweiohf to the ncweWÄn#aisue?” (Häh?)

Die neue Kollegin lauscht den Kenntnissen des weis(s)en Mannes Mitte 50 mit einem Lächeln, das bei genauerem Hinsehen desinteressierter nicht sein könnte (in der Phase waren wir doch alle mal).

Und schau, wenn du hier drauf drückst, dann druckt der Drucker automatisch. Ganz einfach!” (wtf.)

Und ich spüre es: Gleich kommt jemand auf die Idee, mich anzusprechen. Mich nach meiner Meinung zu fragen und in eine lange Diskussion zu verwickeln. Darauf falle ich nicht rein. Nicht heute. Ich greife in meine zu teure Tasche und hole es raus, das unumstrittene Statussymbol des kleinen Beraters (dicht gefolgt von der BahnCard 1.Klasse): Noise! Cancelling! Headphones! Markenware versteht sich, sonst bleibt uns die 1. Klasse verwehrt.

Nicht nur, dass ich jetzt so tun kann, als sei ich in einer ebenso wichtigen Telefonkonferenz wie der Typ neben mir, ich kann gleichzeitig Musik hören. Musik, die den quakenden Quälgeist am Nachbartisch sympathisch wirken lässt, die mit passiv-aggressiven Beats meine Stimmung widerspiegelt und die im Extremfall maximal viele Schimpfworte pro Minute beinhaltet. Hier sind sie also, meine Top 5 Playlists für das Festzelt…. ääh….. Büro, um dem Wahnsinn für kurze Zeit zu entkommen.

Apache207 – Treppenhaus
Ich trete paarmal auf und kassier’ sechsstellige Summen.‘ (28 Liter, Apache 207) – Ich wiederum trete auch jeden Tag auf und kassier’nen knapp zweistelligen Stundenlohn und einen krummen Bürorücken. Außerdem: ‘Ich treibe mich rum auf der Straße. Ab und zu bricht mal ‘ne Nase.‘ (Fame, Apache 207) – Ich treibe mich rum im Büro, ab und zu bricht mal meine Moralvorstellung. Aber egal, mein Favorit vor wichtigen Meetings, um das gebildete Ego zu pushen. Traut euch!

Hozier – Wasteland, Baby
Montags klingelt der Wecker nach schlafgestörter Nacht, die Laune ist im Keller ebenso wie die Augenringe. Im ICE noch schnell die Chance nutzen, sich mit dem eigenen Schicksal abzufinden und einzutauchen in melancholisches Selbstmitleid. Dazu Hozier in Dauerschleife mit meinem Favoriten: ‘There’s no plan, there’s no kingdom to come.‘ (No Plan, Hozier) – Stimmt, dort wo der ICE montags hält wartet definitiv kein Königreich auf mich.

H.E.R. – I used to know her
Weiter geht’s mit Melancholie: Montag bis Donnerstag im Hotel, dazwischen unbezahlte Überstunden, schlechtes Essen, zu viel Wein und eine gehörige Portion Heimweh. Die musikalische Selbstgeißelung beginnt mit H.E.R. immer dann, wenn die Stimmung im Büro kippt und ich mir sorglosere Zeiten herbeisehne. ‘…so I never read the news anymore, it’s hard not to feel hopeless.‘ (Lord is coming, H.E.R.) – Traurig, in der Tat.

Alligatoah – Triebwerke
Du bist schön, aber dafür kannst du nichts. Weder lesen, noch schreiben, noch was anderes.‘ (Du bist schön, Alligatoah) – Als zweite Tonspur zum unsympathischen Sitznachbarn genau das Richtige, um die Gedanken zu kanalisieren und kurze Genugtuung zu verspüren. Ein weiterer Klassiker gerichtet ans Patriarchat im Büro: ‘Du bist älter und denkst wohl, dass du klüger wirkst. Wie gut, dass ich weiß, dass du früher stirbst.‘ (Klüger, Alligatoah) – Kleiner Tipp: Besser nicht allzu laut aufdrehen und keinesfalls mitsingen!

Solange – A seat at the table
Manchmal, wenn Prokrastination auf wichtige Meetingvorbereitung trifft, lande ich ganz aus Versehen auf einschlägigen Reiseportalen. Dabei läuft die Livecam vom Lieblingsstrand, während ich ein äußerst geschäftiges Gesicht aufsetze. Auf den Ohren: Solange, das wahre Mastermind der Knowles-Familie (sorry, Bey!). Gesellschaftskritik trifft auf Melodien aus dem Frühling, sodass neben der Urlaubsplanung auch das moralische Unrechtsbewusstsein aufgefrischt wird.

Egal, für welchen Soundtrack ihr euch letztendlich entscheidet, so bleibt doch das Fazit: Musik macht versöhnlich, sogar im Büro.

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Job Jungle

Was es bedeutet, eine richtige Frau zu sein?!

Sie hat einen Kurzhaarschnitt und wirkt burschikos trotz bunter, femininer Röcke. Sie hat eine ruppige Art und spricht in tiefer Stimmlage. Vor einigen Wochen ist sie uns als neue Projektleiterin vorgestellt worden. Sie ist ehrgeizig, wenn es um ihren Job geht. Ihre Aussagen sind oft fordernd, sie stellt direkte, klare Fragen. Ein „Kontrollzwang“ wurde ihr von einer Kollegin nachgesagt, da sie in Meetings nicht nur an der Oberfläche kratzt. Mir gegenüber, so nehme ich es wahr, herrscht eine unterschwellige Abwehrhaltung versteckt hinter einer eigenartigen Höflichkeit. Ich habe das Gefühl, aufpassen zu müssen, was ich sage. Bereits an dieser Stelle verdränge ich ein komisches Gefühl im Bauch, dass ein Mann mit ähnlichen Attributen in meiner eigenen Wahrnehmung besser davon käme…Mist!

Bei einer real-life-Ausgabe ‚Office Gossip Girl’ im einzigen Büro mit Tür – denn Großraumbüros sind ja ultra hip – erfahre ich vor ein paar Tagen, dass meine Kolleginnen ‚die Neue‘ genauso wahrnehmen wie ich. Eine bestimmte Aussage hat mich überzeugt, der Situation einen Blogbeitrag zu widmen – stellvertretend für konkrete Alltagssituationen, in denen uns der Gender-Bias überrollt und wir Geschlechterrollen in Schubladen stecken.

Die ist keine richtige Frau, die will keine Kinder.“ (VON einer Frau ÜBER eine andere Frau!)

Ich bin sprachlos und nehme diese Aussage im Nachgang mehrfach kleinteilig auseinander. Sind Frauen, die keine Kinder wollen, tatsächlich keine ‚richtigen‘ Frauen? Was heißt es eigentlich, eine ‚richtige‘ Frau zu sein? Vagina, Brüste, lange Haare, Windeln in der Handtasche, Teilzeitjob? Zumindest die Urheberin dieses Statements scheint eine klare Vorstellung davon zu haben. Sie scheint programmiert auf ein Frauenbild, in dem Kinder vorkommen müssen.

Sicher, das Thema Frauen im Kontext Fortpflanzung könnte ich jetzt nüchtern und politisch korrekt von allen Seiten beleuchten: soziologisch, biologisch, philosophisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich oder kulturell. Ist mir aber richtig bumsegal. Mein Motiv ist mein Gefühl gegenüber Frauen, die andere Frauen auf Basis ihres Kinderwunsches beurteilen – alternativlos. Keine richtige Frau zu sein ohne Kinder zu wollen im Jahr 2020, hier muss man doch was tun können.

Stehen Frauen sich selbst im Weg?

Das Jahr meiner Hochzeit war ebenfalls das Jahr meines dreißigsten Geburtstages. Wie ein allgegenwärtiger Sabrina-Spellman-Charmed-Zauber liegt seither auf magische Weise diese eine Frage in der Luft:

Wie sieht‘s denn bei dir mit Nachwuchs aus?“ (Halt die Fresse.)

Fun Fact: Fast ausschließlich Frauen stellen mir diese Frage, als sei es die neue casual Begrüßung im Club der Gebärfähigen. Auch meine Social Media Accounts platzen vor fröhlich dreinblickenden Schwangeren um die dreißig mit Videos darüber, wie der ‚Postpartum-Belly‘ möglichst schnell wieder verschwindet. Biologisch völlig nachvollziehbar und altersgerecht, doch mir fehlt die Alternative. Während ich im Studium mit Einladungen zu Karrieremessen, Frauen-Networking-Events und ‚Diversity‘-Veranstaltungen von Unternehmen beschmissen wurde, kriege ich heute als Frau, die mit beiden Beinen im Berufsleben steht, wenig Input. Als sei die geringe Zeitspanne für den Job nun abgelaufen, inklusive all der Karriereversprechen der Mittzwanziger-Frauenevents. Während die Monopoly Career Edition für Männer 100 Level bereithält, hört es für uns Frauen meist nach Level 50 auf. „Schluss jetzt, du hast genug gewonnen! Gehe direkt über LOS und ab in den Kreißsaal!“ Auch die weiblichen Vorbilder, die ich mir im Job wünsche, kommen häufig nicht aus der Elternzeit zurück. Es sind die Männer, die weiterhin der Reisetätigkeit nachgehen und sich wenige Wochen nach einer Geburt die Glückwünsche in Form eines Schulterklopfers abholen („Was, du hast 4 Wochen Elternzeit genommen? Das finde ich aber super. Und ihr wart in Thailand? Wie progressiv!“) Dass daran absolut nichts falsch ist, ist klar. Dass aber an umgekehrter Konstellation ebenso nichts falsch sein darf, benötigt Überzeugungsarbeit.

Her mit den Karriere-Influencerinnen!

Bis vor Kurzem war ich fest davon überzeugt, dass sich genau diese Überzeugungsarbeit an eine gesichtslose Masse älterer Männer richtet, der es lieber ist, die Karrieren der Mütter für die Familienplanung zu opfern. Und sicher, die aus ihrer Generation geprägten Männer sind definitiv eine Zielgruppe, die es zu überzeugen gilt. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass es heute außerdem moderne und gebildete Frauen sind, die es anderen Frauen gelegentlich schwer machen, eine entsprechende Alternative zu wählen (shoutout an die Kollegin, siehe oben). Nicht jede Frau muss Mutter sein wollen. Nicht an jeder Ecke müssen Frauen über 30 mit Werbung zu Hormontests, Fruchtbarkeitsarmbändern oder Mutter-Kind-Partnerlooks konfrontiert werden. Gern hätte ich mal wieder etwas Abwechslung – sowohl in meinen Online-Feeds als auch im echten Leben. Karriere-Influencerinnen, die nicht nur Diät-Tees und Plastikleggings in die Kamera halten, sondern die aus dem Alltag erzählen, Tipps geben und Frauen dazu ermutigen, ‘richtige‘ Frauen zu sein: Mit Kind, ohne Kind, mit Karriere, ohne Karriere, mit Ehering, ohne Ehering. Und damit meine ich nicht die sporadischen Artikel und Videos über heldenhafte Frauen als Paradebeispiel, die es als CEO eines Fortune 500 Unternehmens geschafft haben (sind ja immerhin ganze 37…). Ich spreche von Frauen wie unserer neuen Projektleiterin, die im mittleren Management Bock hat auf 100 Level Karriere. Die uns erzählen kann, mit welchen täglichen Herausforderungen sie sich jobbedingt herumschlägt und die vor allen Dingen Stellung nehmen kann zu gesellschaftlichem Druck, eine ‘richtige‘ Frau zu sein – was auch immer dies nun bedeuten mag…

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Travel Tales

Das weltbeste Schoko-Soufflé gibt es in Namibia

Next stop: Swakopmund

Den Pferde-Fokus des ersten Teils unserer Reise lassen wir hinter uns und sind nun bereit für die Big Five der Tierwelt Afrikas: Löwe, Leopard, Elefant, Nashorn und afrikanischer Büffel. Bevor es jedoch soweit ist, geht es auf eine lange Etappe über Schotterstraßen durch die Wüste. Wir verlassen Sossusvlei in Richtung Swakopmund und freuen uns über einen Stopp in Solitaire, dem Ort des Apfelstrudels. Haltet in jedem Fall dort an und gönnt euch ein Stück!  

Zwischenstopp in Solitaire, um ein Stück Apfelkuchen zu essen: unbezahlbar!

Eine gefühlt niemals enden wollende Autofahrt später begrüßt uns Swakopmund, eine Küstenstadt am Atlantik, in der die deutsche Kolonialzeit mehr als deutlich zu erkennen ist. Zwischen Hohenzollernhaus, Seebad und Altem Amtsgericht wirkt das Städtchen wie eine surreale Filmkulisse. Vielen Namibiern dient der Ort als Feriendomizil für die Sommermonate. Es gibt hervorragende Restaurants und Bars, für die wir zum Glück vorab online reserviert haben: 

1. The Jetty: Gelegen am Ende des ins Meer reichenden Stegs haben wir bei tollem Fisch und gutem Wein die raue See beobachten dürfen. 

2. The Tug: Unbedingt (!!!) das Schoko-Soufflé probieren!!! (10 von 10 Punkte – auch wenn das Bild aussieht als hätte es Karin, 54, aus Duisburg bei Yelp hochgeladen.)

Schoko-Soufflé – The Tug | Swakopmund <3

Auch unser Hotel ist ein absolutes Highlight: The Delight Swakopmund . Hier gibt es das beste Frühstück aller Zeiten!  

Einen Tagesausflug von Swakopmund entfernt liegt Walvis Bay. Dort leben Kolonien von zehntausenden Flamingos und südafrikanischen Seebären. Wir erkunden die Gegend um den Pelican Point auf dem Wasser und buchen eine Kayak-Tour. Wir erleben Pelikane, Seebären, Flamingos und sogar Delfine hautnah und ich fühle mich wie eine Disney-Prinzessin (in unvorteilhaften Kayak-Klamotten).

  

Phallus … äh … Vingerklip Lodge 

Nach zwei Tagen in der Küstenregion fahren wir ein Stück entlang der insgesamt rund 500 Kilometer langen Skeleton Coast. Dort sehen wir beeindruckende Schiffswracks, die auf Grund harscher Seebedingungen im Laufe der Zeit gestrandet sind.  

Schiffswrack | Skeleton Coast, Namibia

Unser nächstes Ziel ist die Vingerklip Lodge, die benannt ist nach einem Felsen, der aussieht wie ein großer Finger. Aber sieht das nicht eher aus wie ein großer…?! Ach, egal. Jedenfalls, in der Phallus … ähm …. Vingerklip Lodge gibt es landschaftliche Weiten zu bestaunen und ein Restaurant auf einem Berg, das über eine waghalsige Treppenkonstruktion zu erreichen ist (der deutsche TüV hätte so seine Schwierigkeiten…). Es heißt Eagles Nest und keine zehn Pferde (here we go again) kriegen mich dort hoch. Für alle Leser*innen ohne Höhenangst: Ihr könnt ja mal berichten, wie es dort oben ist. Stattdessen wandern wir um den großen Felsen, halten Ausschau nach Giraffen (erfolglos) und liegen am traumhaften Pool – natürlich stets mit einem Cocktail in der Hand.  

Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahne: Ich werde mir ordentlich den Magen verderben und für die nächsten beiden Unterkünfte sehr gründliche Zimmerrezensionen schreiben können. Mitten in der Wüste Fisch zu bestellen – bescheuerte Idee. 

Etosha Nationalpark  

Klar, wir Europäer wollen Elefanten sehen. Und Löwen sowieso. Umso aufgeregter sind wir, endlich den Etosha Nationalpark zu erreichen. Vier Tage in zwei Lodges an unterschiedlichen Park-Eingängen sollten uns doch genug Zeit geben, die Big Five zu entdecken.  

Trotz verdorbenem Magen lasse ich es mir nicht nehmen, im Safarijeep dem Touristenklischee zu entsprechen und mit Kamera um den Hals wachsam nach wilden Tieren Ausschau zu halten (das beschreibt eigentlich schon alles, was nicht stimmt mit unserer Welt). Tatsächlich werden wir belohnt: Ein Löwenmännchen lässt sich von einer seiner Frauen frisch erlegtes Wild bringen, Elefanten suhlen sich am Wasserloch und Giraffen kreuzen mehrfach unseren Weg. Wohlwissend, wie privilegiert wir sind, all das beobachten zu dürfen, wirken meine Alltagsproblemchen recht klein neben all den imposanten Natur-Eindrücken. Spätestens jetzt bin ich verliebt in diese Reise (nicht so sehr in den Part auf dem Klo)… 

Tomaten-Käse-Sandwich 

Volle vier Tage habe ich nichts gegessen. Die unfreiwillige Crash-Diät hat Spuren in Form von schlechter Laune hinterlassen. Als ich endlich wieder in ein Tomaten-Käse-Sandwich beißen kann, ist auch mein Mann nicht gänzlich unglücklich darüber. Der Startschuss war gefallen, um sich langsam wieder an einen Gin Tonic zu wagen (war rückblickend gar nicht SO langsam). Diesen gibt es in unserer vorletzten Unterkunft, der Frans Indongo Lodge in Otjiwarongo (unser Favorit), auf einer Safari-Tour. Wir haben das Glück, dass uns drei Nashörner begegnen. Überall in Namibia erleben wir aufopferungsvolle Ranger, die die bedrohten Tiere vor Wilderern beschützen. 

Nashörner als bedrohte Tierart werden vor Wilderern beschützt.

Nicht weit entfernt befindet sich außerdem der Cheetah Conservation Fund. Der schwindenden Population von Geparden im Süden Afrikas wird hier entgegengewirkt. Außerdem werden verletzte und verwaiste Tiere gepflegt und auf ihre erneute Auswilderung vorbereitet.   

Abschied auf der Spinnen-Lodge

Die letzte Station unserer Reise ist eine Lodge in der Nähe von Omaruru. Sie ist abgelegen und zwar so weit, dass wir die einzigen Gäste sind (naja, gemeinsam mit ganz vielen afrikanischen Spinnen an jeder Wand…). Die Betreiber, zwei deutsche Ehepaare, wirken wie aus einer mittelmäßigen Folge ‘Goodbye Deutschland‘. Trotz toller Zimmer wirkt es weniger wie eine Erfolgsstory, eher wie ein Provisorium. Ganz klar entschädigt dabei, dass wir den Pool ganz für uns allein haben.  

Nach insgesamt guten drei Wochen geht der unvergessliche Road Trip zu Ende und eines ist klar: Wir kommen wieder! 

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Dirty Thirty

FCK NZS – Was ein hässliches Graffiti über meine Nachbarn enthüllt

Die Geschichte einer verschandelten Hauswand und dem wahren Gesicht meiner Nachbarn…

Der Vermieter 

Ich stehe mit drei Einkaufstüten und einem Sixpack Bier vor der Haustür, es dämmert und ich sehe nichts. Erstmal Licht im Treppenhaus anmachen, logisch. Ich jongliere die Tüten und das Bier und drücke mit dem großen Zeh auf den Lichtschalter – nichts. “Geizhals!“, hallt meine Stimme durch das gesamte Treppenhaus. Ich ertaste die Treppenstufen und komme schließlich unverletzt in unserer Wohnung an – arschkalt. “Doppelgeizhals!“, schreie ich so laut, dass es der über uns wohnende Vermieter hören kann. Zu geizig für das Licht im Hausflur in der Abenddämmerung, zu geizig für eine dauerhaft funktionierende Heizung bei eisigen Außentemperaturen (richtig mies im Homeoffice). Von dieser alten, sparsamen Schule sind viele deutsche Herr- und Frauschaften, die eine Nachkriegszeit voller Verzicht und Misstrauen erlebt haben (so zumindest laut Geschichtsbuch und Google, ich finde es einfach nur arschig).  

Das Mehrfamilienhaus inmitten des Immobilienalptraums Frankfurt lässt darauf schließen, dass mein Vermieter und sein nicht weniger ‘charmanter‘ Sohn (mit Frau und Kind) ein Vermögen in Millionenhöhe besitzen. Als wir uns vor etwa fünf Jahren als kinderloses Paar auf unsere Wohnung beworben haben, hatten wir 150 ‘Konkurrenten‘. Nur wenige wurden eingeladen, so die Aussage der strengen Vermieter-Jury.  

Der Nörgler – ich nenne ihn Wolfgang  

Jogginghose, Adiletten, Micky Mouse Pullover mit Marmeladenflecken. In offizieller Homeoffice-Uniform bringe ich den Müll raus und treffen ‘den Nörgler‘ aus dem Erdgeschoss. Auch er beschwert sich über fehlendes Licht und kalte Heizungen. Zusätzlich sagt er: 

Wir schließen jetzt immer das Hoftor ab, nur damit ihr’s wisst.” 

Ich frage: 

Aha. Wieso das?” 

Er antwortet: 

Da hat nachts wieder einer in den Hof geschissen.” (lol) 

Ich setze meinen seriös empörten Gesichtsausdruck auf. 

Weißte, seitdem damals schon die Jugoslawen herkamen nach dem Krieg geht das schon so. Dieses Pack, ne, was hier so rumläuft, da kann man keinem trauen.” 

Ich verlasse den Hof und schließe das Hoftor ab. 

Der Homophobe 

Es klingelt, der freundlich DHL-Bote, mit dem ich seit Pandemiebeginn eine innige Freundschaft hege, kommt die Treppen hochgelaufen. Er hat nicht nur meine heiß ersehnten Schuhe dabei, die ich in diesen Zeiten sowieso niemals tragen werde, sondern auch ein Paket für meinen Nachbarn gegenüber. Gleichzeitig öffnen wir unsere Wohnungstüren und kommen ins Gespräch.  

Er sagt: 

Ich habe heute Urlaub.” 

Ich sage: 

Cool, da kann man endlich auch mal Dinge erledigen, zu denen man sonst nicht kommt. In Ruhe Sport machen zum Beispiel.” 

Er antwortet: 

Ja, das stimmt, ich werde auch nachher ins Fitnessstudio gehen.” 

Ich wieder: 

Toll… Ja, mein Mann hat sich jetzt im Fitnessstudio Fitness Second (haha) angemeldet, er ist richtig begeistert, es gibt sogar ein Schwimmbad.” 

Mein Nachbar verzieht das Gesicht und spricht wie ein Verschwörungstheoretiker mit Aluhut: 

Boah, ne, ey, in dem war ich mal, da sind nur Schwuchteln, nur Homos! Die machen da überall rum! In der Dusche ey, und in der Sauna, richtig eklig. Nur so Homos, da geh’ ich nicht mehr hin.” (gekürzte Version, er hat richtig ausgeholt) 

Ich verschwinde mit meinen Schuhen in der Wohnung. Ich ärgere mich noch heute über meine Untätigkeit in dieser skurrilen Situation.  

FCK NZS 

Sonntagmorgen, wir schlafen noch. Ich werde geweckt durch die engelsgleiche Brüllstimme des Vermieters, der auf seinem Balkon (why?) ins Telefon kommandiert:  

Ja, hallo, ich möchte Anzeige erstatten. Mein Haus wurde heute Nacht angesprüht. … Mit Graffiti.” (lol) 

Von Neugier übermannt bringe ich den Müll raus (im Schlafanzug). Neben den Klingelschildern, die allesamt durch deutsch klingende Nachnamen geziert werden, steht in hässlicher Spray-Schrift: 

FCK NZS 

Ich mache ein Erinnerungsfoto und gehe wieder rein. Tage vergehen und ich denke mir nichts dabei. Hier hat sicher ein Lausbub’ (oder eine Lausbübin?) das Taschengeld für eine Sprühdose ausgegeben und nachts wahllos Hauswände ‘verziert‘, um wahlweise gegen das System, die Eltern, den Gymnasialzweig, die auferlegten Tommy Hilfiger Poloshirts etc. zu rebellieren. Doch dann – mein Geistesblitz: Gibt es nicht doch etwas Wahres an diesem Kunstwerk, ob Absicht oder nicht? 

Ein Haus im höchst gentrifizierten Stadtteil. Die zehn Parteien werden allesamt bewohnt durch westliche Menschen mit mehr oder minder akzeptabler Bildung (Wolfgang ausgenommen) und ausreichendem Einkommen. Homophobie und Intoleranz spuken durch den Hausflur (siehe oben). Die Vermieter: So stur und ‘deutsch‘ wie man es sich nur vorstellen kann (was auch immer das im Detail heißen mag).  

Mir wird klar, dass sich unter den 150 Bewerbern damals alle möglichen Menschen mit unterschiedlichster Herkunft und unterschiedlichen Lebensmodellen befunden haben müssen. Ob diese eingeladen wurden, wage ich nach und nach zu bezweifeln. Zwar würde ich niemanden in unserem Haus mit rechten Idealen in Verbindung bringen, doch ich habe zu spüren bekommen, dass Vorurteile gegenüber anderen Menschengruppen bestehen. ‘FCK NZS‘ – wer hätte gedacht, dass mich ein hässliches Graffiti auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Dass es mir klar macht, dass ich im ‘homogenen Haus’ nicht auffalle, weil wir mit unserem Nachnamen und unserem Aussehen ins Raster der gewünschten Bewohner passten. Danke also an den talentlosen Hobby-Sprayer / die talentlose Hobby-Sprayerin, dass ich im Alltag nun nachhaltig zu mehr Wachsamkeit angehalten bin in der Hoffnung, dass auch in unserem Haus demnächst mehr Diversität einkehrt und Vorurteile verschwinden (Ehrenwort, gegen den homophoben Hipster setze ich mich zur Wehr)… 

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Job Jungle

Wie ich Opfer von Gehalts-Shaming wurde

Die Nachrichten am 10. März 2021 stehen im Zeichen des Equal Pay Days und somit der Forderung nach gleicher Bezahlung unabhängig vom Geschlecht. Rund 18 Prozent weniger als Männer verdienten Frauen im Jahr 2020. 18 Prozent! Damit befindet sich Deutschland laut Statistischem Bundesamt am unteren Ende der Money-Hitparade Europas und landet weit oben in den Ungleichberechtigungs-Charts – trotz vermeintlich fortschrittlichem Mindset.  

Die Berichte, Interviews und Meinungsbeiträge an besagtem Tag könnten problemlos aus dem Vorjahr stammen. Und dem Jahr davor. Und dem Jahr davor. Und…ihr versteht schon. Denn so richtig will sich auf Basis der leeren Worthülsen nichts ändern am Gehaltsgefüge. Das Karussell des Gender Pay Gaps dreht sich Jahr für Jahr weiter und besonders gravierend bleibt, dass Frauen schlechter bezahlte Jobs wählen, die eben nett ins weibliche Rollenprofil passen (und dabei, so zeigte sich, häufig auch noch ‘systemrelevant‘ sind): Arzthelferin, Pflegerin, Näherin, Buchhalterin, you name it! Warum aber der kaputte Rücken einer Friseurin in der Regel weniger wert ist als der Tennisarm des Malers? Keine Ahnung. Wissen die Betroffenen sicher auch nicht.

Doch wie lässt sich hier etwas ändern? Richtig. Indem konsequent vergleichbare Entlohnung eingefordert wird. Wo klopfe ich also an, wenn ich nach mehr Geld frage? Zunächst bei den Vorgesetzten, die zum Großteil – BINGO – dem männlichen Geschlecht angehören. Denn nur etwa jede dritte Führungskraft in Deutschland ist weiblich und je höher der Rang desto seltener sogar sind Frauen. “Derzeit sind 11,5 Prozent aller Vorstandsmitglieder der 160 Dax-, MDax- und SDax-Unternehmen weiblich […].” Cool, cool, cool! Fragt man sich theoretisch also einmal durch die gesamte Unternehmenshierarchie, ist die Chance hoch, früher oder später an einem toxisch maskulinen Endgegner zu scheitern (stelle mir gerade Bowser im Maßanzug vor). 

Noch weiter oben, in der Politik, sieht es auch nicht viel besser aus. Von historisch 15 Arbeitsminister*innen waren lediglich 2 Frauen im Amt. Der Vorsitz namhafter Gewerkschaften ist auch hauptsächlich Männern vorbehalten. Heißt im Umkehrschluss: Männer entscheiden über die Zukunft in weiblichen Geldbeuteln (praktischerweise sind die ja in der Regel bereits größer als Männer-Portemonnaies). Ziemlich komfortable Situation also für den von Jungs dominierten Wirtschafts-Spielplatz. Die klare Message: Solange Frauen bei vorwiegend Männern nach (mehr) Geld fragen müssen, sehe ich schwarz für positive Veränderungen hin zu gleichgeschaltetem Verdienst.  

Die misslungene Gehaltsverhandlung – Teil 2 

Warum erzähle ich das und was soll eigentlich diese aufgewärmte Faktensuppe, die ja vermeintlich sowieso jedem bekannt ist und allen bereits aus den Ohren raushängt? Neben der Tatsache, dass man auf die herrschenden Ungerechtigkeiten nicht oft genug hinweisen kann, ist mir kürzlich etwas passiert, das die Gehaltsfrage bei Frauen plötzlich zu einem persönlichen Schock-Erlebnis hat werden lassen. Und das, obwohl ich mich zuvor von all den genannten Benachteiligungen nie betroffen gefühlt habe. Bereits in einem verwandten Artikel beschreibe ich eine misslungene Gehaltsverhandlung, die nun in die zweite und – Spoileralarm – finale Runde ging (mit einem klaren K.O., so viel sei verraten).  

Ich bewerbe mich also offiziell auf diesen einen Job, für den ich angefragt wurde. Ich wiederhole es gern, weil’s so schön ist: ICH wurde angefragt auf Grund meiner dem Unternehmen bereits bekannten Leistungen und Kenntnisse als großartiges Match für eine frei werdende Stelle.

Nachdem ich in anfänglichen Gehaltsgesprächen bereits für die Statistenrolle der Bittstellerin gecastet wurde, spielte ich nun in den Augen meines angehenden neuen Chefs offensichtlich die Hauptrolle einer verzweifelten jungen Frau auf Jobsuche. So rief mich dieser kürzlich an für ein angekündigtes ‘pro forma‘ Vorstellungsgespräch, denn – zur Erinnerung – die Firma ist ja zuvor auf mich zugegangen. Er eröffnet mit den Worten: “Tja, so viel über Erfahrungen müssen wir ja gar nicht reden, Beratung ist ja dein erster Job und den machst du ja noch gar nicht so lange, richtig?” Gut, der Herr hatte nun weder meinen Lebenslauf besonders aufmerksam gelesen noch war es eine clevere Taktik, die er wählte, um mich schon zu Beginn “subtil” auf ein niedrigeres Gehaltsniveau einzustimmen. Das Motto ‘weibliche Berufseinsteigerin Anfang 30’ zog sich wie ein roter Faden durch das Gespräch. Getoppt wurde es nur noch von der unterschwelligen Frage nach privater Zukunfts- und Familienplanung. WTF! Ein seltsames Gefühl bringt spätestens jetzt die unausweichliche Frage hervor, ob der Kollege mit einem männlichen Bewerber meiner Altersgruppe genauso gesprochen hätte. Ich fühle mich äußerst unwohl.  

Wir beenden das Gespräch, ich frage, wann wir über Konditionen sprechen. “Ah, mach das mit HR.“, sagt der Kollege etwas peinlich berührt und bringt mir somit wenig bis keine Wertschätzung entgegen. Niemand hatte mich bisher gefragt, was ich mir wert sei. Umso überraschender dann meine Antwort für den armen HR Boy. Nach eingehenden Recherchen nenne ich die wohlüberlegte, marktgerechte und in meinen Augen der Rolle entsprechende Summe X. Einige Tage verstreichen, HR Boy meldet sich und sagt: “X können wir nicht machen auf Grund des Alters und der Erfahrung, wir bieten Y.” Ich entgegne: “Ist mir zu wenig und stellt mich unterm Strich schlechter als heute, meine Schwelle liegt bei Z.” Was danach passiert? Ich werde professionell geghostet! No shit, meine Forderung wird vom potentiellen Boss als ‘jenseits von Gut und Böse‘ in unterschiedliche Richtungen ‘gegossipt‘ und ich bin plötzlich Opfer von Gehalts-Shaming. Ich soll mich schlecht fühlen für meine Gehaltsvorstellung und kriege vermittelt, mich erklären zu müssen. Eine persönliche Frage nach Beweggründen für Summe X folgt nicht. Und wer nun denkt, diese Summe sei vergleichbar mit dem Einkommen der Geissens, täuscht. Doch darum geht es nicht: Ich habe Männer erlebt, die halb so viel leisten und absurde Forderungen nach mehr Geld, Beförderung und Anerkennung äußern. Was ich hingegen noch nie erlebte ist, dass diese Männer für solch absurde Forderungen verurteilt, belächelt oder gar mit negativen Konsequenzen konfrontiert wurden. Auf unprofessionellste Weise wurde mein Selbstbewusstsein hingegen sofort als ‘frech’ abgetan und mir die Ernsthaftigkeit hinter meinem Rücken abgesprochen. Ich verstehe langsam, was es mit zumindest ungleicher Einstellung gegenüber Frauen und geleisteter Arbeit auf sich hat.  

Die Konsequenz: Ob Mindestlohn oder Topmanager-Gehalt – uns Frauen das Gefühl zu geben, dass wir das Geld nicht wert sein können, stinkt zum Himmel. Ich, nun in der Rolle des frechen Mädchens, sage den Job also ab und bekomme gratis eine Portion Mansplaining (die nun wirklich nicht Teil meines Gehaltswunsches war): “Ein Rat von mir, weißt du: Wenn du zu viel verdienst, machst du dich schnell unbeliebt.” Danke, Jungs!

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Dirty Thirty

3 Tage Saftkur – Mein Erfahrungsbericht

Disziplin im Privatleben startet für mich meist mit dem Vorsatz, nach Feierabend unbedingt noch dieses 30-Minuten-Granaten-Workout zu absolvieren, damit ich irgendwann wieder so aussehe wie die Frauen meines Instagram-Schreins. Wie ich oft (ver-)ende: Mit Resten meiner Familienpackung Karamell M&Ms – sehr empfehlenswert – und der nächsten US-Dramedy-Serie, die für Zielgruppen im Alter zwischen vierzehn bis vierzehneinhalb Jahren produziert wurde. Dass mein Stoffwechsel diesem Alter schon lange nicht mehr entspricht, merke ich mit nachdrücklicher Verzweiflung mindestens ein paarmal im Jahr. Diesmal ist es soweit, als ich vor dem Spiegel stehe, ein Kleid zur Arbeit anziehen möchte und merke, dass dies ebenso Gerüchte eines Schwangerschaftsbäuchleins anheizen könnte. Ich ziehe mich um und fasse erneut den Vorsatz, diesmal aber wirklich wieder ‚back in shape‘ zu kommen wie zuletzt im Jahr 2014.

Mein in solchen Momenten leicht zu manipulierendes Hirn erinnert sich an eine Freundin, deren Bekannte mal von einer Cousine berichtete, deren Schwägerin wiederum eine richtig tolle, gar spirituelle Erfahrung mit einer Saftkur gemacht habe. Ein Neustart nicht nur für die Innereien, um den Tiefkühlpizzamüll loszuwerden, sondern auch, um die mentale Stärke aufzufrischen. Außerdem weiß jedes Kind – zumindest seit Staffel 3 von der Höhle der Löwen -, dass kaltgepresste Säfte echt spitzenklasse für unsere Gesundheit sind (und weniger spitzenklasse für den Geldbeutel).

Ich begebe mich auf Onlinesuche und habe selbstverständlich bereits am nächsten Tag sämtliche Anbieter von Saftkuren in meinen Werbeanzeigen auf Instagram. Ich bestelle eine 3-Tage-Reset-Kur bei demjenigen mit den schönsten Flaschen und den schönsten 10% Rabatt. Zwischenzeitlich konnte ich im Büro meine Influencer-Fähigkeiten ausbauen und habe Mitstreiterinnen gefunden, die sich gemeinsam mit mir auf die Juice-Cleanse-Reise begeben. Los geht’s!

Vorbereitung ist alles

Die insgesamt vierundzwanzig Flaschen á 250ml kommen in hipsteresquer Verpackung bei mir an, vorschriftsmäßig gekühlt mit ökölogisch abbaubaren Kühlakkus. Motivierende Getränkenamen wie Renew, Grace, E-Lyte oder Balance stimmen mich auf das gewünschte Ergebnis ein. Ich stelle die hübsch aussehenden Fläschchen in meinen Kühlschrank und das Ergebnis sieht aus, als hätte ich mich für MTV Cribs ausstatten lassen. Ich freue mich sehr auf meine Saftkur, wohlwissend, dass zu diesem Zeitpunkt noch ein volles Schlemmerwochenende vor mir liegt.

Tag 1 | Rote Beete – ekelhaft!

Es ist Montagmorgen, motiviert wie nie schraube ich den ersten Saft auf in der Annahme, dass diese Motivation mich in den kommenden drei Tagen über so manches Geschmackserlebnis hinwegtäuschen muss. Bewusst wähle ich das wie Erde schmeckende Getränk zuerst: Rote Beete, ein Gewächs direkt aus der Hölle! Es kann nur besser werden und dem ist auch so. Die anderen Säfte sind wirklich richtig lecker.

Um das vorgeschriebene Pensum von insgesamt acht Säften pro Tag zu bewältigen, starte ich um 7 Uhr morgens und habe alle 2-3 Stunden eine neue Flasche mit buntem Inhalt vor mir stehen. Völlig überraschend ist, dass die Säfte so reichhaltig sind, dass ich nur mit viel Mühe hinterherkomme. Von Hunger keine Spur, auch die Laune ist hervorragend. Meine Kolleginnen haben einen ebenso entspannten Montag und sind mir (noch) nicht böse für meinen Gesundheitsaktionismus.

Abends, als die Ablenkung am Schreibtisch vorbei ist, entdecke ich einen interessanten Nebeneffekt. Normalerweise hätte ich mir ein Glas Weißwein geschnappt und es vor dem Fernseher genossen, doch selbst darauf habe ich so gar keine Lust (Hashtag healthy!).

Tag 2 | „Bist du im Saft?“

Bist du im Saft?“ ist die äußerst witzige und einfallsreiche Nachricht aus der Feder meines Mannes, die mir auf meinem Handy entgegenblinkt, als ich aufstehe (sonst ist er echt ganz lustig). Ich erinnere mich zuallererst an das Rote-Beete-Erlebnis vom Vortag und versuche, den Würgereiz so gut es geht zu unterdrücken. Zugegeben, meine Standhaftigkeit wackelt kurz, als ich auf dem Weg zum Kühlschrank an der Kaffeemaschine vorbeilaufe, um mir den dunkelroten Teufelssaft zu schnappen. Mein Mantra: „Runter damit, kann ja nicht schlimmer schmecken als gestern.“ Doch, kann es! Ich quäle mich also durch diesen Drink, der mit Wodka gemischt nur halb so schlimm wäre, und starte in Tag 2 der Saftkur. Dieser verläuft ereignislos, ich habe immernoch keine Heißhungerattacken und auch die Laune ist stabil. Bemerkenswert ist außerdem, dass die Konzentration während der Arbeit nicht nachlässt. Abends gehe ich früh schlafen – ohne Wein vorneweg – und fühle mich innerlich äußerst aufgeräumt.

Tag 3 | Boykott und Croissants

Ich schraube den Deckel ab, der Geruch von Blumenerde und Regenwürmern kommt mir entgegen. Ich schraube den Deckel wieder drauf und laufe zum Mülleimer. Aus Versehen fällt der Rote Beete Saft hinein. Ups! Naja, wäre ja jetzt auch viel zu aufwändig, den da wieder rauszuholen…

Nach dem oben geschilderten ‚Unfall‘ komme ich tatsächlich ins Schwärmen und freue mich richtig auf die restlichen Säfte am letzten Tag der inneren Müllverbrennung. Ich verspüre nach wie vor keinen Heißhunger, merke aber, dass mein Energielevel über den Tag hinweg sinkt. In der Mittagspause mache ich einen kurzen Abstecher in die Innenstadt und der kleine Spaziergang schlaucht. Hinzu kommen die Gerüche aus den unterschiedlichsten Ecken, die auf leckeres Essen hindeuten – nicht gerade hilfreich.

Nach getaner Arbeit schweift mein Hirn ab und zeigt mir immer wieder Bilder von perfekten Croissants in unterschiedlichsten Variationen (fast alle beinhalten nutella). Offenbar habe ich ein besonderes Verhältnis zu dieser Teigeware und es entwickelt sich ein solider Plan, am nächsten Tag so früh wie möglich zum nächsten Bäcker zu stürmen und ein stattliches Croissant-Investment zu tätigen (ist auch genau so passiert – Spoiler!). Echter Hunger ist das nicht, aber die Lust auf Genuss kann ich nicht abstellen. Ich beende den Tag mit dröhnendem Kopfschmerz und der Vorfreude auf das wohlverdiente Frühstück.

Fazit

Drei Tage lang nur Säfte trinken funktioniert richtig gut, insbesondere dann, wenn die größtenteils richtig lecker sind (ist natürlich ein sehr subjektives Empfinden). Das ganze fünf oder gar sieben Tage lang zu machen, schließe ich für mich jedoch aus. Das Gefühl, etwas Gutes für den eigenen Körper erreicht zu haben, stellt sich für leicht manipulierbare Menschen wie mich bereits nach drei Tagen ein. Ich brauche keine Grenzerfahrung, schon gar nicht, wenn ich direkt wieder in die Croissant-Falle tappe. Was ich über mich gelernt habe ist, dass Verzicht die Freude für Genuss neu entfacht und diesen nicht zu etwas Selbstverständlichem macht. Definitiv werde ich erneut zur Flasche greifen (und dabei diejenige mit dunkelrotem Inhalt von vornherein weglassen). Sehr empfehlenswert!

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Job Jungle

Wie eine Gehaltsverhandlung NICHT laufen sollte

Es geht ums Prinzip. Das Prinzip esse, trinke, atme und lebe ich seitdem ich denken kann. Und wehe, es geht nicht fair zu. Dann werde ich zur Märtyrerin, zu Darkwing Duck, zu Robin Hood für die in meinen Augen Benachteiligten. Vordrängeln beim Bäcker macht mich wütend ebenso wie die strukturelle Ungleichverteilung von Kapital in unserer westlichen Welt. Mit Vollgas in Rage gerate ich außerdem in beliebten Diskussionen über die (Un-)Gleichberechtigung der Frau und bei zu viel Luft in teuren Chipstüten. All diese Umstände haben eines gemein: Es geht nicht um mich. Es geht um die Allgemeinheit, um Frauen, Kinder, SeaWorld-Delfine, Kollegen und die Umwelt. Sofort würde ich Prügel in Kauf nehmen, um in einer fiesen Fieslingssituation jemandem beizustehen. Was passiert also in meinem Kopf, wenn mir selbst etwas vermeintlich Unfaires widerfährt? Ich werde klein mit Hut, wenn ein Handwerker zu viel Geld verlangt, wenn statt bestellten Fritten nur Kartoffeln auf dem Teller liegen, wenn andere sich vordrängeln oder – und hier präsentiere ich den Anlass dieses Artikels – wenn im Job Gehälter zu meinen Ungunsten verhandelt werden.

Folgende Situation hat mich nun zur 360° Selbstreflexion gezwungen

Du machst’nen super Job hier im Projekt, wir würden dir gern eine Stelle als whatever-Manager anbieten, Gehalt liegt bei XYZ Euro* im Jahr. Kannst du dir vorstellen, für uns zu arbeiten?“ (*Anmerkung zu XYZ Euro im Jahr: Hierbei handelt es sich bereits um eine unverschämt hohe Summe, die 30-jährige Frauen für gewöhnlich zu Unrecht in Selbstzweifel-Endlosschleifen katapultiert und für die es ein männliches Maßlos-Ego bedarf, sie überhaupt einzufordern. ABER – und hier das Dilemma – vergleichbare Kollegen bekommen wissentlich mehr Geld.)

Ich antworte, sichtlich geehrt von diesem Zugeständnis an meine Kompetenz und hier beginnt die Talfahrt.

Akt 1 | Die eigenen Fähigkeiten unterschätzen

Den ersten Fehler begehe ich direkt. Ich hinterfrage, wie ein solches Angebot denn überhaupt für mich gedacht sein kann. Irrtum? Verwechslung? In meinem Kopf spielt ein Film, in dem mindestens zehn ‚viel geeignetere Kollegen‘ diese Stelle bereits abgelehnt haben müssen und ich die Notbesetzung bin. Damit werte ich unterbewusst nicht nur das Angebot ab, ich verkenne außerdem die Tatsache, dass ich bereits seit mehreren Jahren das Schiff aka. Team erfolgreich vor dem Untergang bewahre. Entsprechend submissiv fällt meine Antwort aus:

Eh, ja, prinzipiell kann ich mir das natürlich vorstellen. Welch eine Ehre, dass ihr auf mich zukommt.“ (facepalm.)

Sichtlich gebeutelt von diesem Gesprächseinstieg merke ich, dass meine Verhandlungsposition verbesserungswürdig ist. Ich frage mich also: Was hätte ich stattdessen sagen können?

Danke für das Angebot und das Vertrauen. Lass uns gern bei Gelegenheit über Aufgaben und Rahmenbedingungen sprechen, vielleicht finden wir irgendwann zueinander. Ich schau‘ es mir mal an.“ (So unverbindlich wie eine lose Verabredung mit Bekannten, die jederzeit einer weitaus besseren Option zum Opfer fallen kann.)

Akt 2 | Die Rolle der Bittstellerin

Mir werden also die Rahmenbedingungen aufgelistet als indiskutable Fakten, mit denen ich mich entweder abfinden kann oder nicht. Doch… moment mal: Wolltet IHR nicht vor rund einer Minute MICH für diese Rolle haben? Wann und vor allen Dingen wie ist es passiert, dass ich in der Position der Bittstellerin gelandet bin? Ich habe mich nicht proaktiv beworben und verspüre bis zu diesem Zeitpunkt kein Gefühl unermesslicher Dankbarkeit, zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein. Dies ändert sich schnell, denn zaghaft versuche ich nach dem zugegeben schwachen Einstieg am Händlerbasar teilzunehmen und sage:

Wie wär’s mit XYZ + ABC Euro?“ (Haha really? Kann ja gar nicht klappen, du Dummbatz!)

Ne, also ich würde echt Ärger mit HR bekommen, wenn ich angesichts deiner geringen Erfahrung ein so hohes Gehalt ansetzen würde.“ (Häh? IHR habt doch immernoch MICH gefragt?)

Ich erkenne, dass ich mich unwohl fühle in meiner Gesprächsposition und wünsche mir einen der vier Superhändler herbei, um diese verzwickte Situation aufzulösen (am liebsten den lustigen Rheinländer). Alternativ auch gern dieses „Gedächtnis-Auslösch-Dingens“ von Men in Black, um nochmal von vorne anfangen zu können. Ich schaffe es nicht, mein sonst so aufdringliches Selbstbewusstsein zu verwerten und meine Forderung sinnvoll zu versprachlichen – dabei ist mir klar, was ich will: Mehr Geld als mir geboten wird – aus Prinzip (hier schließt sich der Kreis)!

Akt 3 | Die Vermenschlichung der Organisation

Fakt ist doch: Unabhängig von meiner Person gibt es eine offene Stelle in einem Großkonzern, die mit einer ganzen Stange an Verantwortung einhergeht. Exakt dieselben Rollenprofile werden derzeit zu 95% von Männern mittleren Alters belegt. Von diesen 95% mangelt es mindestens der Hälfte an langfristigem Engagement, Manieren oder beidem (No shit! Ich bin schon seit drei Jahren als Beraterin dabei). Die offene Stelle stereotypisch zu besetzen mit einem Mann Mitte 50 würde bedeuten, ein mindestens doppelt so hohes Gehalt zahlen zu müssen wie das, was mir angeboten wird. Die Organisation, welche sicherlich von Menschen getrieben wird, räumt also ein Budget ein, welches mir nach oben hin verwehrt bleibt, weil…. warum eigentlich? Weil ich jung bin? Oder eine Frau, die zu nett ist, ihre Forderungen an erste Stelle zu setzen? Weil ich nicht klar formulieren kann, warum ich jeden Cent wert bin?

Würde ich mich darauf einlässen, wäre ich die „Buy 1 – get 1 free“ Mitarbeiterin, die die unermüdliche Work-Work-Balance über Jahre hinweg bereits unter Beweis gestellt hat. Ich wäre die gekaufte Katze im durchsichtigen Sack, die keine Überraschungen mehr bereithält, da sie den buckligen Arbeitsrücken schon perfektioniert. Ich wäre die Gut & Günstig Variante ganz unten im Manager*innen-Regal mit gleichem Inhalt in derselben Qualität, nur weniger hochwertig verpackt. Ihr versteht, worauf ich hinaus will.

Ich merke, dass ich im Verhandlungsgespräch aber nicht nüchtern die Organisation mit ihren offensichtlichen Motiven betrachte, sondern nur meinen Gegenüber sehe, der in diesem Fall das Sprachrohr ist. Mein People-Pleaser-Gen lässt mich an meine Grenzen stoßen, da ich es als unhöflich, aufdringlich und dreist empfinde, die oben angeführten Argumente auf den Tisch zu legen. Ich beschließe, das Gespräch zunächst mit einem relativ offenen Ausgang ruhen zu lassen, darüber nachzudenken und einen neuen Anlauf zu nehmen (vor welchem ich mir so hart den Rocky-Soundtrack reinziehe und mich durch ein paar motivational quotes klicke – „don’t limit your challenges, challenge your limits“ oder so). Ihr hört von mir!

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Wie ich mein Herz an Namibia verlor

Vor etwa sechs Jahren hatte ich ein romantisches Date mit meinem heutigen Ehemann. Romantisch deshalb, weil wir bei Kerzenschein eine Flasche Morio Muskat (2,19 € bei REWE ganz unten im Regal) getrunken und von Urlauben geträumt haben, die zu dieser Zeit unerreichbar schienen. Wir waren arm wie mittelständische Kirchenmäuse inmitten des BWL Studiums und konnten uns nicht vorstellen, dass wir uns jemals Reisen leisten können, die über unseren FlixBus Trip nach Leipzig hinausgehen. An diesem Abend haben wir das erste Mal über Namibia gesprochen und seither nie wieder aufgehört. Nichts wusste ich damals über das Land, das bis heute noch nicht alle akademischen Ü30er der westlichen Welt empfangen hat wie sein Nachbar Südafrika.  

Rund fünf Jahre sollte es dauern, bis wir tatsächlich unsere Koffer packten und die Hochzeitsreise ans lang ersehnte Ziel antraten (hätte mir damals jemand bei besagtem Glas Morio gesagt, dass ich mal heiraten würde, hätte ich den guten Wein vor Lachen übrigens wieder ausgespuckt – aber das ist eine andere Geschichte…). 

3.000 Kilometer durch Namibia  

Es ist Mitte November und der winterlichen Kälte trotzend starten wir mit Air Namibia gen Windhoek. Der Direktflug bietet mir wahre Todesangst nach filmreifen Turbulenzen auf der einen Seite, auf der anderen Seite gibt es leckeres Essen und die schönste Aussicht bei der Landung im Sonnenaufgang. Wir haben drei Wochen Roadtrip vor uns und beginnen diesen erstmal übermüdet in der namibischen Hauptstadt im idyllischen ‘Olive Grove Guesthouse‘: Ein Boutique Hotel, von dem wir nach kurzem Nickerchen zu Fuß die Innenstadt samt Christuskirche, Reiterdenkmal und Parlamentsgarten erkunden. Etwas befremdlich fühlt es sich schon an, die recht junge Kolonialgeschichte auf Schritt und Tritt zu spüren und überall Relikte der deutsch geprägten Vergangenheit zu sehen. Wichtige Randnotiz: Wenn ihr euer Wissen auffrischen wollt über dieses traurige und nicht unwesentliche historische Fuck-up, folgt dem Link in die Mediathek (keine Werbung natürlich). 

Air Namibia am Flughafen von Windhoek - inzwischen leider pleite.
Air Namibia am Flughafen von Windhoek – inzwischen leider pleite.

Zurück zum Reisebericht: Das Highlight des ersten Tages folgt abends in Joe’s Beerhouse, einem klischeebehafteten Touristenmagneten mit Bayer Leverkusen Fanschals in der einen und haufenweise Jägermeister Souvenirs in der anderen Ecke. Was für deutsche Wirte den Stempel ‘Kaschemme‘ bedeuten würde, hat hier etwas Magisches. Auch, weil es viele Einheimische hierhin verschlägt. Das Essen ist – insbesondere für mich als Vegetarierin – mittelmäßig, die Atmosphäre hingegen hervorragend. Der richtige Start also für unser Abenteuer, das am nächsten Morgen erstmal mit einer kleinen Überraschung starten sollte… 

Auf nach Sossusvlei 

Da leuchtet die Lampe mit der Ölkanne.” 

Quatsch, kann nicht sein, das Auto hat erst 6 Kilometer drauf.” 

Doch, doch, schau mal, wir sollten mal den Ölstand prüfen.” 

Du spinnst doch, die Lampe ist bestimmt defekt.”  

20 Minuten später sind wir dem Totalschaden knapp entkommen, als man uns an einer Tankstelle bestätigt, keinen einzigen Tropfen Motoröl in der Karre zu haben. Wäre unangenehm geworden in der verlassenen Prärie Namibias, in der wir uns schon wenig später befinden würden. 

Mit frischem Öl geht es also raus aus der Stadt und auf die Schotterstraßen, die uns in den bevorstehenden Wochen begleiten werden. Langsam wird klar, wieso Allradantrieb und riesige Offroad-Wagen Pflicht sind bei einer solchen Rundreise und uns niemand mit einem Fiat 500 entgegen kommt. So brauchen wir für 100 namibische Kilometer gleich zwei bis drei Mal so lange als auf deutschen Autobahnen (auch wenn Google Maps etwas anderes behauptet). Bereits auf dem ersten Teilstück von Windhoek nach Sossusvlei gilt demnach das Motto: Der Weg ist das Ziel. So sind wir auf der langen Fahrt sprachlos beim Anblick der surrealen Landschaften. Natur soweit das Auge reicht, keine Menschenseele in Sicht, “Fotostopps” in regelmäßigen Abständen.  

Namibia Schotterstrasse Rundreise Roadtrip
Typische Straßenverhältnisse in Namibia, ein zusätzlicher Ersatzreifen ist wärmstens zu empfehlen.

Und dann: Ganz unscheinbar weist ein in die Jahre gekommenes Schild auf ‘Conny’s Coffee Shop‘ hin. Wir folgen ihm und dies sollte eine der besten Entscheidungen werden. Ein simples Café erwartet uns in der Idylle der Abgeschiedenheit. Wir sind die einzigen Gäste bei Günther. Er setzt sich zu uns auf die Veranda an den liebevoll gedeckten Tisch und serviert den besten Kaffee Afrikas gemeinsam mit spannenden Geschichten über Kaffeekultur und seine namibisch-deutsche Vergangenheit. Die Tische sind liebevoll hergerichtet, ich esse ein Stück Marmorkuchen und aus einer kurzen Pause wird eine ausgedehnte Rast mit unvergleichbarem Glücksgefühl. Manchmal im Leben werden wir eben doch belohnt indem wir den kleinen und unscheinbaren Pfaden folgen. 

Wir machen uns auf in die erste der vielen Lodges, von deren Luxus wir Jahre zuvor vage geträumt hatten. Die Desert Homestead Lodge in Sesriem sollte außerdem die Unterkunft sein, in der ich am nächsten Tag meinen dreißigsten Geburtstag feiern würde. Wir parken also unser frisch mit Öl befülltes Gefährt und werden nicht enttäuscht: Begrüßt von liebevollen Menschen gönne ich mir den ersten Cocktail, schaue in die Ferne und denke, dass der nahende Tag des Älterwerdens wohl doch nicht so schlimm werden würde wie einst angenommen… 

Happy Birthday 

Das Ereignis, vor dem ich mich seit meinem fünfzehnten Lebensjahr fürchtete, ist eingetroffen. Mein Mann weckt mich um 6 Uhr morgens, denn frühes Aufstehen soll im Alter ja bekanntlich leichter sein (kleiner Scherz am Rande). Außerdem soll es auf den bereits im Reisebüro gebuchten ‘Champagne Morning Ride‘ gehen, um den Tag schon morgens mit ein paar Promille erträglicher zu machen. Ich freue mich sogar, erwarte ich doch einen offenen Jeep, der mich durch die atemberaubende Landschaft karrt. Doch… Moment mal… wieso steht da ein Pferd? Und wieso soll ich mir für meinen wohlverdienten Jeep-Ausflug einen Helm anziehen? Und warum überhaupt guckt mich dieses Pferd so erwartungsvoll an??? 

Hi, welcome to your champagne morning ride!” 

Fuck.  

Ein wie der Marlboro-Mann anmutender Reitlehrer winkt mich zu sich. Zugegeben, ein Pferdemädchen war ich nie, bei meiner einzigen Reitstunde als Kind hat mich das Pferd würdevoll abgeworfen. Die Romantik Afrikas und der Ausblick auf ein Glas Champagner lassen mich dann doch aufsteigen und was soll ich sagen: War ganz nett (vor allen Dingen der Champagner natürlich…). 

Ausritt Pferd Reiten Horse
Marlboro Man?!
Deadvlei und J.Lo 

Bleiben wir bei Pferden. Da wir ja bereits um 6 Uhr morgens aufgestanden sind, um uns von einem Pferd im Schritttempo durch die filmreife Kulisse Namibias tragen zu lassen, bleibt danach genügend Zeit für einen weiteren Ausflug. Sossusvlei, das eigentlich Highlight der Gegend des Namib-Naukluft-Parks, ist eine von riesigen roten Dünen umschlossene Salzpfanne und liegt etwas 1,5 Autostunden entfernt von unserer Lodge – in namibischen Distanzen gesprochen also ein Katzensprung. Dort befindet sich das wohl noch berühmtere Deadvlei, durch das Jennifer Lopez in der Intro von ‘The Cell‘ auf einem – Achtung – Pferd geritten ist. Hier schließt sich der Kreis und mein dreißigster Geburtstag sollte mit diesen Eindrücken unvergesslich werden.  

Von anderen Hotelgästen hören wir bei einem abendlichen Hotelplausch, dass eine Ballonfahrt bei Sonnenaufgang über die roten Dünen ebenfalls empfehlenswert ist. Vielleicht wird dies beim nächsten Mal die etwas abgewandelte Art unseres ‘Champagne Morning Ride‘… 

Reiseroute

Bleibt dabei für mehr Infos zu unserer atemberaubenden Reise mit den nächsten Etappen in Swakopmund, Walvis Bay, Vingerklip, Etosha, Otjiwarongo und Omaruru.

Alle gesammelten Infos, Links und Bilder zu unserer Route folgen in Teil 2.  

Roadtrip Reiseroute Route Namibia Afrika Africa Wildlife
Unsere Reiseroute | 3.000 Kilometer durch Namibia
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Coronawandern – Wie wir mit 30 unsere Freizeit verbringen

Coronawandern sollte in Betracht gezogen werden für das Unwort unseres sonderbaren Jahres 2020. Es beschreibt ein völlig neues Heimatgefühl, das gezwungenermaßen bei einer ganzen Generation aufkommt. Nämlich der Generation, die sich im Urlaub normalerweise eher im Yoga-Retreat auf Bali, im Surfcamp in Australien oder auf Safari in Tansania tummelt. Dieselben Leute stehen nun – gefühlt alle auf einmal – in einer immer länger werdenden Schlange vorm Globetrotter-Megastore um die Ecke. Hornbrillen, Holzfällerhemden und überteuerte Rucksäcke mit Fuchslogo (können die was?) soweit das Auge reicht. Allen ist eines gemein: Sie wollen hinaus in die Na(h)tur – Coronawandern! Ich stehe mittendrin in der Hoffnung auf ein hippes Paar Wanderschuhe.

Denn auch uns treibt es pandemiebedingt immer öfter ins wunderschöne Umland Frankfurts. Raus aus der Stadt, rein in die Natur! Bereits unsere erste Wanderung wird ein voller Erfolg, der Suchmaschine sei Dank. Wir entscheiden uns für die Drei-Gipfel-Tour im Taunus – anspruchsvoll, aber machbar für alle mit stabiler Waden- und Oberschenkelmuskulatur.

Ausgestattet mit ausreichend Proviant (kein Schnaps) und – in meinem Fall – neuen, hippen Wanderschuhen starten wir am Wanderparkplatz Große Kurve unseren etwa 14 Kilometer langen Ausflug. Top motiviert ahnen wir noch nicht, dass es in der ersten Stunde ziemlich steil bergauf geht, weshalb uns wohl kaum Mitstreiter begegnen. Es fühlt sich wirklich ein bisschen an wie Urlaub, als wir die erste Zwischenetappe auf dem Großen Feldberg erreichen (880 Meter hoch, super Aussicht). Das Wetter spielt mit und die Sonne kommt raus, was natürlich prima ist für’s Insta-Profil (würde ich ja sonst nie offen zugeben). Wir machen kurz Pause, philosophieren darüber, wie schön die Natur vor der Haustür doch ist und trinken einen Glühwein. Herrlich!

Weiter geht’s durch den Wald, ich mache noch mehr Fotos (siehe unten), mein Mann findet’s total nervig, da muss er jetzt durch. Auf dem Weg zum recht unspektakulären Gipfel des Kleinen Feldbergs kommen wir am Ausflugslokal Fuchstanz vorbei und kurz werde ich auf den Boden der Corona-Tatsachen zurückgeholt: Wie schön die Zeiten doch waren, in denen wir uns einfach in ein Restaurant setzen konnten. Jetzt ist alles zu. Zum Glück haben wir an unsere selbstgeschmierten Butterbrote gedacht, die wir auf dem Altkönig, dem mit Abstand schönsten der drei Gipfel, auspacken. Zum hundertsten Male an diesem Tag stelle ich fest, wie schön unsere Heimat ist.

Der Rückweg verläuft mitten durch den idyllischen Wald, häufig vorbei an gut ausgebauten Wanderwegen. Die Navigation führt uns stattdessen immer wieder über dicht bewachsene Schleichpfade und befeuert einmal mehr die Illusion, Teil des Pfadfindercamps zu sein – und der Natur so nah.

Alle Details zur Strecke sowie eine gut funktionierende Navigation findet ihr, wenn ihr dem Link folgt (keine Werbung, einfach sehr gute Infos). Viel Spaß beim Coronawandern!

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